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Multikulturell und hochinteressant

Geschichte, Völker und Umwelt von Meghalaya


Geschichte

friedlich mit der Natur lebenden Völker
Bis zum Eintreffen der Briten im 18. Jahrhundert befanden sich in der Region des heutigen indischen Bundesstaats Meghalaya mehrere kleinere Stammes-Königreiche. Die friedlich mit der Natur lebenden Völker hatten der Streitmacht der Engländer nicht viel entgegenzusetzen, sodass ihre Territorien nach und nach Teil der britischen Kolonie wurden. Über Verträge gelang es den Stammesoberhäuptern in den Folgejahren des ausklingenden 19. Jahrhunderts, eine weitgehende Autonomie für ihre jeweiligen Völker aufrecht zu halten. Unabhängig hiervon wurde durch intensive Missionierung der Bevölkerung allerdings das Christentum immer stärker verbreitet, was die ursprüngliche Kultur der Menschen zurückdrängte. Mit der Unabhängigkeit Indiens im Jahr 1947 wurde das Territorium des heutigen Meghalaya zunächst unter assamesische Verwaltung gestellt, wobei den einzelnen Stammesvölkern nach wie vor weitgehende Autonomie zugesichert wurde. Die Bevölkerung fühlte – und fühlt – sich dem restlichen Indien allerdings nicht zugehörig. Intensive Autonomiebestrebungen führten am 21. Januar 1972 zu einer Abspaltung des Gebiets und der Gründung des heutigen Bundesstaats Meghalaya.
Die Einheimischen gehören zu 17 Urvölkern an

Völker und Religionen

Meghalaya ist ethnisch betrachtet ein für diese Region typischer Vielvölkerstaat. Bis heute gehört der überwiegende Teil der Einheimischen zu einem von 17 Urvölkern, wobei die Stämme der Khasi (Siedlungsgebiet vor allem im Osten des Landes) und der Garo (Siedlungsgebiet vor allem im Westen) mit einem Gesamtbevölkerungsanteil von fast 70 % dominieren. Ein Besuch bei insbesondere diesen Stämmen ist für kulturell Interessierte sehr spannend, da sie zwei der wenigen matrilinearen Gesellschaften unserer Erde darstellen, in denen Priesterinnen und Sippenmütter eine hohe hierarchische Bedeutung haben, die Mädchen das Hab und Gut der Familie erben und der Ehemann traditionell zu seiner Frau zieht. Da sowohl die Khasi als auch die Garo während der britischen Kolonialzeit missioniert wurden und viele heute dem christlichen Glauben anhängen, verliert diese seltene Lebensart allerdings immer weiter an Bedeutung. Ein Teil vor allem der Khasi übt aber heute noch den traditionellen animistischen Glauben „Niam Khasi“ aus und lebt am deutlichsten in der matrilinearen Kultur. Ursprünglich war diese weiblich dominierte Lebensweise auch bei den Jaintias (Pnar) und den Garo üblich. Im Volk der Jaintias hat sich bis heute vor allem die Tradition der „Besuchsehe“ erhalten, was bedeutet das in den ersten Jahren nach der Heirat Mann und Frau in ihren jeweiligen Elternhäusern verbleiben und die alltäglichen Pflichten in ihrer Stammfamilie erfüllen. Oft sehen sich die Ehepartner nur alle paar Tage oder regelmäßig über Nacht. Nicht wenige Angehörige der Jaintia üben neben der offiziellen Zugehörigkeit zum Christentum noch die traditionelle Stammesreligion „Niamtre“ aus, einer Naturreligion basierend auf dem Glauben an einen obersten Gott, der Wertschätzung und Respekt unter allen Menschen als Grundlage der eigenen Lebensführung propagiert, genauso wie den respektvollen Umgang mit der Natur. Ganz ähnlich ist auch ursprüngliche Glaube der Garo strukturiert, in dessen Tradition einem obersten Schöpfer mehrere andere Götter untergeordnet sind die über Geister-Rituale angerufen werden können. Aber auch dieser Stammesglaube hat im Zuge der Christianisierung massiv an Bedeutung verloren. Nur etwa 20 % der Einwohner Meghalayas leben in einer der Städte, dies sind vor allem die Menschen bengalesischer, nepalesischer und restindischer Abstammung. Es finden sich hinduistische und auch muslimische Glaubenszentren.
traditionell und vielfältig

Nahrung

Die Ernährung der Bevölkerung Meghalayas ist dank der fruchtbaren Böden schon traditionell vielfältig und beinhaltet als Grundnahrungsmittel Reis, welcher als Beilage gereicht oder in verschiedenen Currygerichten zubereitet wird. Ergänzt wird der Speiseplan durch verschiedene Gemüse- und Obstsorten. Besonders vielfältig ist das Angebot verschiedener Fleischsorten, da in der überwiegend christlichen Bevölkerung keine religiösen Einschränkungen den Verzehr von zum Beispiel Rindfleisch verbieten. Den europäischen Gaumen wird es freuen, dass die Speisen in Meghalaya nicht überdurchschnittlich stark gewürzt werden, außerdem sind in den Städten und in vielen Gasthäusern inzwischen – auch dank regelmäßiger Importe – internationale Gerichte erhältlich. Experimentierfreudige Urlauber möchten sich nach der Mahlzeit vielleicht einmal dem Kauen von Betelnuss anschließen, dass hier einen ähnlichen Stellenwert genießt, wie in Italien der Espresso nach dem Essen – und auch eine ähnlich anregende Wirkung hat. Die Rotfärbung des Mundes, die auf europäisch heller Haut natürlich besonders auffällig ist, muss dann allerdings in Kauf genommen werden!
artenreiche und ursprüngliche Natur

Tier- und Pflanzenwelt

Wer in Meghalaya Urlaub macht, kann sich auf eine außergewöhnlich artenreiche und ursprüngliche Natur freuen. Fast 70 % der Staatsfläche sind von dichten Urwäldern bedeckt, die hauptsächlich aus Teak- und Salbäumen bestehen welche großflächig von 325 verschiedenen Arten von Orchideen bewachsen sind und in deren Schutz über 660 verschiedene Vogelarten leben; 34 davon weltweit geschützt, neun vom Aussterben bedroht (z. B. Manipurwachtel Perdicula manipurensis, Barttrappe Houbaropsis bengalensis oder Kaiserreiher Ardea insignis). Fleischfressende Pflanzen wie die einzigartige Nepenthes khasiana (eine Unterart der Kannen-Pflanzen) versuchen, einen der unzähligen Vertreter der Insekten in ihre Fänge zu locken, bevor es zum Beispiel eine der Echsenarten schafft. Krokodile und Schildkröten leben in den Wasserläufen und Tümpeln, genau wie einige der Schlangenarten die hier beheimatet sind (Indische Kobra, Königskobra, verschiedene Nattern u. v. m.). Außerdem begegnet man während eines Urlaub in Meghalaya immer wieder Affen wie zum Beispiel dem Hooklock Gibbon; mit ein wenig Glück stößt man auf Vertreter der indischen Elefanten, kann einen Roten Panda, eine Zibetkatze oder einen Mungo erspähen oder die friedlichen Vertreter der Pflanzenfresser wie die Gaur, wilde Büffel und Hirsche beobachten. Einzigartig sind auch einige Vertreter der Fledermäuse, die in den großen Höhlen von Meghalaya leben und sich in der Dämmerung auf die Jagd durch die Wälder begeben.
Urwälder haben religiöse Bedeutungen

Nationalparks & Naturreservate

Das Nokrek Biosphäre-Reservat in den West Garo Hills und der Balaphakram Nationalpark in den South Garo Hills sind wohl die artenreichsten Gebiete Meghalayas. Außerdem verfügt Meghalaya über drei weitere Naturschutzgebiete, das Nongkhyllem Wildlife Sanctuary, das Siju Sanctuary und das Bhagmara Sanctuary. Einige Bereiche der Urwälder (die sogenannten „sacred groves“) haben religiöse Bedeutung und dürfen daher von Besuchern nicht betreten werden, dies ist ausschließlich den Schamanen und vereinzelten Stammesangehörigen zum Zwecke der Durchführung ritueller Zeremonien vorbehalten. Aufgrund der Abgeschiedenheit Meghalayas und der Autonomie der Stammesvölker, die eine industrielle Nutzung des Landes oftmals verhindern, ist die ursprüngliche Vielfalt der Natur, die beeindruckende Biodiversität, nahezu auf dem gesamten Gebiet des Bundesstaats erhalten.
lebt traditionell von ihren Erträgen

Wirtschaft

Ein großer Teil der Menschen in Meghalaya arbeitet in der Landwirtschaft und lebt traditionell von ihren Erträgen. Die Anbautechniken reichen allerdings nur in wenigen Fällen für die Erzeugung von Überschüssen und insbesondere die Stadtbevölkerung ist auf den Export von Lebensmitteln angewiesen. Unter anderem aufgrund der zugesprochenen Teil-Autonomie der Stämme wird auch der Abbau der durchaus reichen Rohstoffvorkommen massiv behindert, es gäbe großes Potenzial für die Gewinnung von Kohle, Sillimanit, Kaolin (Porzellanerde), Granit und Kalk und die Ansiedlung entsprechend weiterverarbeitende Industrie. Allerdings schützt diese starre Haltung der Stammesoberhäupter natürlich die Natur und vor allem die Urwälder Meghalayas, was den Bestrebungen der indischen Regierung entgegenkommt, den Tourismus als Wirtschaftsstandbein für die Region auszubauen.